Werte(n) und Wertevermittlung als Querschnittsaufgabe des Deutschunterrichts
Sektionsleitung: Anna R. Hoffmann (Universität Siegen); Jennifer Witte (Universität Osnabrück)
Werten, Werte sowie Wertevermittlung sind zentrale Bereiche des Deutschunterrichts, die auch vor dem Hintergrund aktueller Phänomene wie Fake News, Cancel Culture oder der Verrohung der Sprache (vgl. Hate Speech) sowie Diskussionen um die (Be-)Wertung von Texten wie bspw. Wolfgang Koeppens Tauben im Gras eine wichtige Rolle spielen.
In den Standards für die Lehrer:innenbildung werden das Werten, die Wertevermittlung und -reflexion als fächerübergreifende Aufgabe formuliert: „Lehrkräfte vermitteln Werte und Normen, eine Haltung der Wertschätzung und Anerkennung von Diversität und unterstützen selbstbestimmtes und reflektiertes Urteilen und Handeln von Schülerinnen und Schülern.“ (KMK, 2019, S.10) Deutschunterricht hat sich folglich der Querschnittsaufgabe der Wertvermittlung und -reflexion zu widmen. Diesem Auftrag kommt er u. a. durch die „Erziehung durch Literatur“ (Kreft, 1977, S.262) nach. Indem sich Literatur wie auch andere Medien mit Kultur, Gesellschaft und Geschichte kritisch auseinandersetzt und stets auch Werte und Wertvorstellungen einer Gesellschaft transportieren, beeinflussen sie fächerübergreifende Diskurse und stellen insofern ein genuines Medium der Wertevermittlung und -reflexion dar.
Darüber hinaus gerät das Werten als „kulturelle Praxis“ (vgl. Brendel-Perpina, 2019) grundlegend in den Blick und es stellt sich die Frage, wie Wertungshandlungen vollzogen und welche Wertungskriterien in Anschlag gebracht werden. Berührt werden mit der Ausrichtung der Sektion folglich Fragen nach Werturteilen, Werthaltungen (vgl. Witte, 2022) ebenso wie nach der Gegenstandsauswahl (vgl. Siebenhüner et al., 2019; Hesse & Winkler, 2021), der Kanonisierung (vgl. Neuhaus & Schaffers, 2016) und den Aushandlungsprozessen (vgl. Dawidowski, Hoffmann & Stolle, 2019). Aber auch spezifische Fragen etwa nach der Wertung von Figuren (vgl. Zabka, 2013, 2016; Leubner & Saupe, 2019; Heins, 2019) bzw. dem Textverstehen generell sollen verhandelt werden, da Wertungen wesentlichen Einfluss auf Verstehensprozesse haben und auch Teil ebendieses sind (vgl. Stark, 2010, 2019; Schlachter, 2018; Magirius et al., 2023).
Darüber hinaus werden sprachdidaktische Fragestellungen virulent, denn indem an den Deutschunterricht in besonderer Weise der Anspruch der Entwicklung von Kritik- und Urteilsfähigkeit gestellt wird, v.a. in argumentativen Settings wie kommunikativen Aushandlungsprozessen, sieht er sich zu der Ausbildung entsprechender Kompetenzen, bspw. dem Erwerb von bestimmten Textprozeduren (vgl. Feilke, 2014), aufgefordert. In diesem Kontext wird dann auch die Ausbildung einer reflektierten Kommunikationskultur bedeutsam.
Lehrkräfte scheinen sich jedoch bezüglich der Frage, „was mit ‚Wertebildung‘ im Unterricht überhaupt gemeint“ (Kretschmann, 2019, S. 92) und wie diese umzusetzen ist, unsicher. Umso wichtiger ist es, Werte und Werten zum „Gegenstand didaktischer Reflexion“ (ebd.) zu machen, was unterschiedliche Forschungsfelder berührt. Willkommen sind empirische, theoretische wie normative Beiträge zu den Bereichen der Schüler:innen- und Lehrer:innen- sowie der Unterrichtsforschung, aber auch der Gegenstandsforschung bspw. in Hinblick auf Kanon- oder Auswahlfragen.
Sektionsprogramm
Datum | Uhrzeit | Vortragstitel |
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Montag, 16.9. | 10.30 Uhr - 11.10 Uhr | Begrüßung und Einführung durch die Sektionsleitung |
11.10 Uhr - 11.50 Uhr | Lukas Bannwart: MINne: Master-Identitäts-Narrative neu erlebt - Ein Konzept zur Wertevermittlung, auch im Literaturunterricht | |
11.50 Uhr - 12.30 Uhr | Jennifer Witte: Werte im fächerübergreifenden Literaturunterricht. Theoretische Überlegungen zu Dimensionen fächerübergreifenden Lernens | |
Pause | ||
13.45 Uhr - 14.25 Uhr | Ina Brendel-Kepser: Wertung und Kritik als medien- und fächerübergreifende Perspektive? | |
14.30 Uhr - 15.10 Uhr | Lydia Brenz: Die unterrichtlichen Logiken literarästhetischen Wertens – Rekonstruktive Überlegungen zum Lehren und Lernen | |
Dienstag, 17.9. | 13.45 Uhr - 14.25 Uhr | Nadine Naugk & Susanne Drogi: Zu „woke“ für Kinder?! Orientierungen von Grundschullehrer:innen zu geschlechtersensiblen Bilderbüchern |
14.30 Uhr - 15.10 Uhr | Anna Rebecca Hoffmann & Hanna Ovesiek: Zur Gegenstandsauswahl im Literaturunterricht durch Lehrkräfte verschiedener Schulformen | |
15.15 Uhr - 15.55 Uhr | Judith Leiß: Nicht-diskriminierende Diskriminierungskritik im Literaturunterricht: Überlegungen zur Gegenstandswahl | |
Mittwoch, 18.9. | 10.15 Uhr - 10.55 Uhr | Daniela Matz: Wie bewerten jugendliche Leser:innen mit KI-Unterstützung verfasste lyrische Texte? |
11.00 Uhr - 11.40 Uhr | Torsten Mergen: Politische Zeitstücke als Objekt der Wertung und Chance für erfahrungsbezogene Wertevermittlung. Didaktische Reflexionen zu Bernhard Schlinks „20. Juli“ und Lutz Hübners/Sarah Nemitz` „Furor“ auf der Basis von Deweys Erfahrungskonzept | |
11.45 Uhr - 12.30 Uhr | Abschlussdiskussion, Perspektiven, weitere Zusammenarbeit |
Hier erhalten Sie die Abstracts zu den Vorträgen
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